Windenergie – Wer Windräder sät, wird zukunftsfähige Energie ernten.

Technische Grundlagen

Windenergie ist die am längsten vom Menschen genutzte Energieform. Während zuerst die Nutzung des Windes zur Fortbewegung im Vordergrund stand, wird die Windenergie heute vor allem zur Erzeugung von Elektrizität verwendet (vgl. Abb. 1).

Windenergie ist die kinetische Energie bewegter Luft (von griechisch kinesis = Bewegung), die durch unterschiedliche Luftdruckverhältnisse in der Nähe der Erdoberfläche entsteht. Bei der Umwandlung in elektrische Energie durch eine Windenergieanlage (WEA) muss die Bewegungsenergie des Windes über die Rotorblätter zunächst in mechanische Rotationsenergie gewandelt werden. Der Rotor gibt diese Energie an einen Generator weiter, der sie schließlich in elektrische Energie umwandelt (Quelle: www.wind-energie.de/infocenter/technik; verändert).

Rahmenbedingungen für die Windenergienutzung

Die Wirtschaftlichkeit der Nutzung der Windenergie zur Stromerzeugung hängt neben der Anlagentechnik vor allem von der nutzbaren Windgeschwindigkeit ab.

Das Hessische Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUELV) hat in 2011 die in Abb. 2 (Download: Windressourcenkarte Hessen) dargestellte Windressourcenkarte Hessen veröffentlicht. Auf der Grundlage eines Gutachtens des TÜV Süd sind die ermittelten Windgeschwindigkeiten in 140 m über Grund in dieser Karte dargestellt. Das gesamte Gutachten mit der Karte ist unter www.energieland.hessen.de einsehbar.

Anhand der Karte wird deutlich, dass große Teile Hessens und insbesondere zahlreiche Räume in Mittelhessen mittlere Windgeschwindigkeiten von mehr als 5,75 m/sec. in 140 m Höhe aufweisen. Das sind Werte, die den Betrieb von WEA zulassen. Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung hat gem. Beschluss der Landesregierung vom 18. Juni 2012 mit dem Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsplans 2000 – Vorgaben zur Windenergienutzung – zwei grundsätzliche Festlegungen für Windenergieanlagen getroffen:

  • Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie sollen in den Planungsregionen in einer Größenordnung von 2 % der Fläche festgelegt werden,
  • die Mindestwindgeschwindigkeit wird auf 5,75 m/s in 140 m über Grund festgelegt.

Die Windgeschwindigkeit nimmt allerdings nicht nur, wie in der Abbildung erkennbar, mit der absoluten Geländehöhe über NN, d.h. über dem Meeresspiegel, zu. Sie wird vielmehr zusätzlich ganz wesentlich von der sog. Rauigkeit der Erdoberfläche bestimmt: Hohe Gebäude oder Wald können den Wind abbremsen. Mit zunehmender Höhe über dem Erdboden nimmt deshalb gerade an Land die Windgeschwindigkeit in der Regel zu.

Während ältere WEA häufig Gesamthöhen von unter 100 m aufweisen, besitzen moderne Anlagen Nabenhöhen von 140 – 150 m und Gesamthöhen von bis zu 200 m und mehr.

Im Hinblick auf den Betrieb von WEA ist wichtig zu wissen, dass die Windenergie und somit auch der erzielbare Stromertrag mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit zunehmen. Die doppelte Windgeschwindigkeit bringt also den achtfachen Ertrag.

Neben dieser Faustformel gilt es für die Wirtschaftlichkeit von WEA weitere Aspekte zu berücksichtigen: eine Verdoppelung des Rotordurchmessers führt bei gleicher Nabenhöhe zum vierfachen Ertrag, ein Anstieg der Nabenhöhe um 1 m führt zu einer Ertragssteigerung von etwa 1 %.

Dies alles macht den Trend zu höheren Anlagen mit größeren Rotoren verständlich.

So zeigt die Abbildung 3 die rasante Größenzunahme von WEA in den letzten Jahrzehnten und lässt erkennen, dass mit zunehmender Nabenhöhe und wachsendem Rotordurchmesser der jährliche Stromertrag deutlich ansteigt (Quelle: Bundesverband Windenergie).

Die Energieerzeugung durch WEA weist neben der Freiflächen-Photovoltaik eine sehr hohe Flächeneffizienz auf: bei relativ geringer Flächeninanspruchnahme (dauerhaft vollständig oder teilweise versiegelte Fläche ca. 2.000 – 3.000 qm, davon ca. 400 – 500 qm für das Fundament) kann ein vergleichsweise hoher Energieertrag (ca. 4 – 5 Mio. kWh pro Jahr bei einer 2,5 MW-Anlage in Mittelhessen) erbracht werden.

Am 31.12.2021 standen in Deutschland 29.731 WEA mit einer Nennleistung von insgesamt 63.924 MW.1 In Hessen waren zum Stichtag 15.01.2023 1.146 WEA mit einer Nennleistung von rund 2.353 MW am Netz.2

Zum gleichen Zeitpunkt waren in Mittelhessen 474 WEA (Stichtag 15.01.2023) mit einer Nennleistung von ca. 948 MW in Betrieb (weitere 13 mit 58 MW bereits genehmigt und vor der Inbetriebnahme).2 Mittelhessen weist also bei einem Flächenanteil der Region von etwa 25 % an der Landesfläche etwa 41,4 % des gesamten hessischen WEA-Bestands auf; dies hängt mit den günstigen topographischen Bedingungen in den windhöffigen Mittelgebirgen Vogelsberg, Westerwald und Lahn-Dill-Bergland zusammen.

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1 Quelle: Bundesverband WindEnergie e.V.
2 Quelle: Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz / Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

 

Repowering

Die mit höheren WEA verbundene Ertragssteigerung wird auch beim sog. Repowering genutzt. Dabei werden ältere, niedrige Anlagen durch moderne, höhere und leistungsstärkere Anlagen ersetzt. Durch das Repowering können sich mehrere Vorteile ergeben wie eine Steigerung der Energieeffizienz durch die Erhöhung des Energieertrags bei tendenziell sinkender Anlagenzahl, die Reduzierung der negativen Umwelteinwirkungen auf Mensch und Natur (z.B. durch geringere Rotordrehzahl bei gleicher Windgeschwindigkeit, geringere Schallemissionen aufgrund verbesserter Anlageneigenschaften, Konzentration von Anlagen an geeigneten Standorten anstelle einer oft beklagten bzw. befürchteten „Verspargelung" der Landschaft durch verstreut stehende WEA) sowie eine deutliche Verbesserung der Netzintegration und Netzauslastung (Quelle: www.erneuerbare-energien.de).

Wertschöpfung durch die Windenergienutzung

Mit der Windenergienutzung ist volks- und betriebswirtschaftlich ein großer Nutzen verbunden:

  • Forschung, Entwicklung und Produktion im Bereich der Windenergienutzung schaffen direkt und indirekt zukunftsorientierte Arbeitsplätze. Auch in Mittelhessen gibt es zahlreiche Unternehmen, die z.B. als Zulieferer von Teilen von WEA, unmittelbar von dem Ausbau der Windenergienutzung profitieren. Bundesweit gibt es in der Windbranche mehr als 90.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze.
  • Moderne WEA mit einer Nennleistung von mehr als 2 MW erfordern zunächst Investitionen von über 2,5 Mio. Eur je Anlage. Zur regionalen Wertschöpfung gerade des ländlichen Raums tragen später Pacht- und Gewerbesteuereinnahmen bei. Dabei ist von Bedeutung, dass seit 1. Januar 2009 der Großteil der durch WEA erwirtschafteten Gewerbesteuereinnahmen (mindestens 70 Prozent) den Windparkgemeinden auch dann zufließt, wenn die Betreibergesellschaft ihren Firmensitz in einer anderen Gemeinde hat.
  • Vor allem durch Bürgerwindräder kommt es zu einer Stärkung der Wirtschaftskraft, wenn über die garantierte Einspeisevergütung jährliche Erträge mit Renditen von 5 und mehr Prozent erzielt werden können.
  • Die Nutzung regionseigener Energiepotenziale reduziert die Abhängigkeit der Energieversorgung von zunehmend teureren Rohstoff- und Energieimporten, oft aus krisengefährdeten Ländern.
  • Die CO2-freie Stromproduktion durch WEA vermeidet sog. externe Kosten, z.B. für die Behebung von durch Luftschadstoffimmissionen verursachten Schäden.